Gravel Bike: Ist eine Einfach- oder Zweifach-Schaltung besser?
Was brauchst du für dein Gravel Bike – eine Einfach- oder eine Zweifach-Schaltung?
Wie so oft kommt es darauf an, denn beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. Egal, ob du gern im Gelände unterwegs bist, Wettkämpfe fährst, lange Touren liebst oder dein nächstes Bikepacking-Abenteuer planst: Hier bekommst du eine umfassende Übersicht, um die richtige Wahl für eine Einfach- oder Zweifach-Schaltung an deinem Gravel Bike zu treffen.
1-fach-Schaltung vs. 2-fach-Schaltung am Gravel Bike
Gravel Bikes mit Einfach-Schaltung – also mit nur einem Kettenblatt an der Kurbel – sind längst keine Neuheit mehr. Schon vor Jahren haben ambitionierte Cross-Fahrer ihre Vorteile bei Fahrten durch unwegsames Gelände für sich entdeckt. Mit einem One-by-Modell ist das Schalten unkomplizierter und die Kurbelgarnitur verschleißt nicht so schnell. Noch dazu lässt sie sich besser reinigen – ein wichtiger Pluspunkt nach einer Fahrt über feuchte Waldböden und schlammige Wiesen.
In Kombination mit der damals üblichen 7er- oder 8er-Kassette am Hinterrad mussten sie jedoch Abstriche bei Übersetzungsvielfalt und –bandbreite in Kauf nehmen. Doch natürlich ist in diesem Bereich in den letzten Jahren einiges passiert. Standard bei der Einfach-Schaltung sind heute 11 oder 12 Ritzel am Hinterrad. Wenn du dich in der High-End-Klasse umschaust, findest du sogar schon 1x13-Schaltungen wie die Ekar 13-Gang-Gruppe von Campagnolo.
Dennoch ist der Einfach-Antrieb nicht immer die beste Wahl. Letztendlich hängt es von deinem Fahrstil und deinen Lieblingsstrecken ab, ob du mit einem oder zwei Kettenblättern besser fährst. Damit du dir deine Entscheidung gut überlegen kannst, erfährst du hier, für welches Einsatzgebiet die Einfach- bzw. die Zweifach-Schaltung am besten geeignet ist.
Vorteile der Einfach-Schaltung am Gravel Bike
One-by-Modelle haben eine einfache und effiziente Schaltlogik. Dass sie weniger Gänge haben, mag auf den ersten Blick wie ein Nachteil wirken, allerdings musst du wissen: Bei Schaltgruppen mit zwei oder drei Kettenblättern sind sich einige Schaltkombinationen in der Übersetzung so ähnlich, dass es sich praktisch um denselben Gang handelt. Eine 2x11-Schaltgruppe hat also nicht 22 verschiedene Gänge, sondern eher 14 oder 15. Über diese Doppelungen musst du dir mit einer Einfach-Schaltung keine Gedanken machen. Schaltvorgänge zum Übergang oder Ausgleich spielen damit ebenfalls keine Rolle mehr. Mit einer optimal abgestimmten 1x11-, 1x12- oder 1x13-Schaltung kannst du dich ganz auf deine Tour konzentrieren, das Schalten geht fast von selbst.
Zugegeben: Bei einer 1x11-Schaltung ist die Übersetzungsbandbreite vergleichsweise gering. Doch eine üppige 12er- oder 13er-Kassette wartet schon mit einer beachtlichen Bandbreite auf. Zwar sind die Gangsprünge zwangsläufig größer, doch technisch ausgeklügelte Einfach-Schaltungen können heute mit den altbewährten Zweifach-Schaltungen problemlos mithalten. Für manche mögen Einfach-Schaltungen vor allem optisch erstmal gewöhnungsbedürftig sein. Doch wer sie einmal ausprobiert hat, möchte meist nicht mehr darauf verzichten.
Ein weiterer Vorteil der Einfach-Schaltung: Es gibt keinen Umwerfer. Bei Bikes mit Mehrfachantrieb sorgt die Schaltvorrichtung für das Wechseln zwischen den Kettenblättern. Bei Fahrten durch anspruchsvolles Gelände oder Schaltfehler wird der Umwerfer allerdings besonders beansprucht. Das kann dazu führen, dass die Kette vom Kettenblatt springt oder sich festklemmt. Im schlimmsten Fall führt das zum Sturz und die Schaltung ist hinüber. Bei einem Rahmen aus Carbon kann ein Kettenklemmer sogar einen Totalschaden verursachen.
Mit nur einem Kettenblatt gehören diese Probleme der Vergangenheit an. Zum einen sind alle Gänge ausnahmslos fahrbar, weil die Kettenlinie nicht zu steil werden kann. Dieses Problem tritt oft bei Mountainbikes mit Dreifach-Kurbel auf, wenn das größte Kettenblatt mit dem kleinsten Ritzel kombiniert wird. Zum anderen sorgen bei der Einfach-Schaltung die Käfigdämpfung im Schaltwerk und spezielle Narrow-Wide-Ritzel dafür, dass die Kette in allen Gängen ruhig und stabil läuft. Die Bezeichnung Narrow-Wide stammt von den abwechselnd schmalen und breiten Zähnen.
Ein angenehmer Nebeneffekt der Einfach-Schaltung ist, dass die Schaltfunktion am linken Bremshebel wegfällt. So kannst du dich mit der linken Hand voll auf die Bremsfunktion konzentrieren und hast dein Bike noch besser unter Kontrolle.
Last but not least kommen Puristen bei der One-by-Lösung auch visuell auf ihre Kosten: Ein perfekt aufgeräumt wirkendes Gravel Bike lässt sich mit der optisch schlanken Einfach-Schaltung, Scheibenbremsen, versteckten Kabelzügen und passenden Laufrädern erreichen. Der Radstand ist etwas länger als beim Rennrad. Mit minimal profilierten Reifen, die zwischen 32 und 45 Millimeter breit sind, schaffst du fast jeden trockenen oder nassen Untergrund. So stimmen Look und Performance.
Die Vorteile des Gravel Bikes mit 1-fach-Schaltung auf einen Blick:
- Bedienung der Schaltung ist einfacher
- Keine Doppelung von Gängen
- Einsparungen beim Gesamtgewicht
- Kettenführung kann optimal für das eine Kettenblatt eingestellt werden
- Umwerfer ist nicht nötig, dadurch ein Verschleißteil weniger
- Risiko von Schaltfehlern besteht kaum
- Schmutz kann sich schlechter festsetzen
- Geländetauglichkeit deutlich besser
Mehr Sicherheit, bessere Kontrolle und geringeres Gewicht: Das sind wichtige Vorteile, mit denen du Minuten auf längeren Strecken herausholen kannst, wenn du Gravel Racing betreibst. Hier findest du weitere Infos zu Gravel Bikes für Wettkämpfe.
Nachteile der Einfach-Schaltung am Gravel Bike
Lange musstest du dich bei der Einfach-Schaltung zwischen großer Übersetzungsbandbreite und feiner Abstufung der Gänge entscheiden. Allerdings widmen sich viele Hersteller intensiv der Weiterentwicklung ihrer Einfach-Schaltungen und bringen immer wieder neue, noch leistungsfähigere Schaltlösungen auf den Markt. Zunächst waren bei Schaltgruppen durchgängig Einer- oder Zweier-Gangsprünge üblich. Inzwischen findest du auch Modelle, die im niedrigen Gangbereich größere Abstufungen haben und bei den schnelleren Gängen kleinere. Damit kannst du auf Rennabschnitten der Strecke bei gleichbleibender Trittfrequenz optimal beschleunigen und gleichzeitig starke Anstiege ohne ununterbrochenes Schalten bewältigen.
Dennoch musst du mit einer fein abgestuften Einfach-Schaltung am Gravel Bike nach wie vor Abstriche beim Übersetzungsumfang machen. Der Trend geht daher zur 12er- oder 13er-Kassette, die diesen Verlust bis zu einem gewissen Grad ausgleicht.
Die Nachteile der 1-fach-Schaltung am Gravel Bike im kompakten Überblick:
- Vergleichsweise geringe Übersetzungsbandbreite bei einer 1x11-Schaltung
- Größere Gangabstufungen können bei der Beschleunigung stören
- Für große Gangwechsel musst du in manchen Fällen die ganze Kassette durchschalten
Zweier- oder Dreier-Gangsprünge sind tolerierbar
Wie gut du mit der größeren Gangabstufung einer Einfach-Schaltung zurechtkommst, hängt vor allem von deinem Fahrstil und dem Einsatzgebiet ab. Im hügeligen Gelände kannst du davon durchaus profitieren, weil du auf abschüssigen Passagen schneller auf Tempo kommst. Umgekehrt holen dich selbst steilste Anstiege nicht zu schnell vom Bike.
Bist du eher auf mehr oder weniger ebenen Flächen und vielleicht sogar ab und zu auf befestigten Feld- und Waldwegen unterwegs? Dann wirst du eine kleine Gangabstufung für gleichmäßige Beschleunigung und Trittfrequenz zu schätzen wissen.
Vorteile der Zweifach-Schaltung am Gravel Bike
Gravel Biker, die auf anspruchsvollen Offroad-Strecken regelmäßig an ihr Limit gehen, werden mit einer eher fein abgestuften Einfach-Schaltung auf Dauer nicht glücklich. Für starke Anstiege, steile Abfahrten und holpriges Gelände sind Schaltungen mit einer speziellen Übersetzung notwendig. Diese gibt es ebenfalls als Einfach-Schaltungen im hochpreisigen High-End-Bereich – häufig die erste Wahl ambitionierter Hobby- und Amateursportler.
Eine beliebte Alternative für den Freizeitsport ist eine zuverlässige Zweifach-Schaltung mit gutem Leistungsumfang und überzeugendem Preis-Leistungs-Verhältnis. Solche Modelle machen auch auf längeren und eher gemütlichen Touren Spaß.
Die Vorteile der 2-fach-Schaltung am Gravel Bike im Überblick:
- Bei 2×11 oder 2x12 ist die Übersetzungsbandbreite großzügig
- Zweifach-Schaltungen sind seit vielen Jahren verbreitet und sehr vielseitig
- Mehrfachantriebe ermöglichen wegen des Umwerfers schnell große Gangwechsel
- Viele Gänge zur Auswahl – Fahrer langer Touren wissen das zu schätzen
Hier erfährst du mehr über All-Road Gravel Bikes, die für lange Touren ausgelegt sind.
Welcher Fahrertyp profitiert am meisten von der Zweifach-Schaltung?
Die feineren Abstufungen der Zweifach-Schaltung bewirken am Fahrrad beim Gangwechsel einen deutlich geringeren Lastwechsel. Damit kannst du mit hoher Intensität deine Trittfrequenz beibehalten und am Berg durchziehen.
Zweifach-Schaltungen sind optimal für Mountainbiker, die mehr als nur Gelände- und Cross-Fahrten unternehmen wollen. Sowohl für hohes Tempo auf gelegentlichen Rennetappen als auch für ausgedehnte Touren sind Gravel Bikes mit Zweifach-Antrieb eine zuverlässige und flexibel einsetzbare Option. Bike-Packer wissen die Vorteile einer großzügigen Auswahl von Gängen ebenfalls zu schätzen.
Hier findest du Gravel Bikes, die für Bikepacking ausgestattet sind: beginnend bei den Befestigungsmöglichkeiten von Ausrüstungsgegenständen an Gabel und Rahmen über Räder und Reifen, Bremsen, den Antriebsstrang, den Lenker und mehr.
Nachteile der Zweifach-Schaltung am Gravel Bike
Der Zweifach-Antrieb ist also die beste Wahl, wenn du hauptsächlich ausgedehnte Touren unternimmst und ab und zu querfeldein unterwegs bist. Liegt dein Fokus jedoch hauptsächlich auf Geländefahrten, hat eine Zweifach-Schaltung am Gravel Bike ein paar Nachteile.
Nachteile der 2-fach-Schaltung auf einen Blick:
- Höheres Gewicht durch zusätzliche Komponenten
- Kettenführung über das kleine oder das große Kettenblatt nicht optimal
- Umwerfer ist speziell bei Schlägen vom Untergrund fehleranfällig
- „Verschalten“ passiert immer wieder – auch geübten Fahrern
- Schmutz sammelt sich leichter an Umwerfer und Kettenblättern
Von 2-fach auf 1-fach umrüsten ist kein Problem
Du bist dir immer noch nicht sicher, ob du für dein Gravel Bike eine Einfach- oder Zweifach-Schaltung wählen solltest? Vielleicht erleichtert dir die folgende Info deine Entscheidung: Es ist recht einfach möglich, eine Zweifach-Schaltung zur Einfach-Schaltung umzurüsten.
Dazu sind lediglich vier Schritte nötig:
- Kettenblatt austauschen
- ggf. Kassette austauschen (falls andere Gangzahl oder Übersetzung gewünscht ist)
- Umwerfer und Schaltzug entfernen
- evtl. Bremshebel austauschen (falls vorher Brems-Schalthebel genutzt wurde)
Ist ein Gravel Bike jedoch von Anfang an mit einem Einfach-Antrieb ausgestattet, ist es recht kompliziert bzw. manchmal überhaupt nicht möglich, auf einen Zweifach-Antrieb umzusteigen. Du gehst also ein deutlich geringeres Risiko ein, wenn du dich im Zweifelsfall zunächst für ein Gravel Bike mit Zweifach-Schaltung entscheidest.
Welche Gravel-Schaltgruppen gibt es?
Vor einigen Jahren waren auf Schotterwegen vor allem Gravel Bikes mit Mullet-Schaltungen zu sehen. Den Mix aus Rennrad- und Mountainbike-Komponenten kannst du heute problemlos durch Gravel-Schaltungen speziell für diesen Einsatzzweck ersetzen. Inzwischen sind mehrere Modelle der großen Hersteller auf dem Markt.
Die erste speziell fürs Gravel Bike entwickelte Schaltgruppe war die GRX von Shimano. Dafür kombinierte Shimano bewährte Technologien aus dem Rennrad- und Mountainbike-Bereich zu Lösungen, die perfekt auf die Anforderungen beim Graveln zugeschnitten sind. Verfügbar ist die Komplettgruppe in unterschiedlichen Qualitätsstufen, mit 1- oder 2-fach-Kurbeln und 10-fach- oder 11-fach-Kassette. Außerdem kannst du zwischen der mechanischen und der elektronischen Version (GRX Di2) wählen.
SRAM, der Pionier der Einfach-Antriebe bei Mountain- und Gravel Bikes, hat für alle Rennrad-Schaltgruppen auch Gravel-Übersetzungen im Angebot. Die neueren 1-fach-Versionen der kabellosen Schaltungen SRAM Red AXS, Force AXS und Rival AXS speziell fürs Gravel Bike (erkennbar am Kürzel XPLR), warten mit einer noch größeren Übersetzungsbandbreite und kleineren Gangssprüngen auf. So lassen sich auch steile Rampen mühelos bezwingen.
Mit der Campagnolo Ekar 1x13 ist für das entsprechende Kleingeld außerdem eine High-End-Lösung zu haben: mit Kurbeln und Schaltwerk aus Carbon sowie Hebeln, die butterweiches Schalten auch mehrerer Gänge auf einmal erlauben.
Noch auf der Suche nach deinem Wunschbike? In unserem Kaufratgeber zu Gravel Bikes findest du wichtige Infos zur Rahmengeometrie, passenden Rahmengröße, Komponenten und mehr.
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