Warum der Giro d’Italia deine Aufmerksamkeit verdient

Da Titelverteidiger Maglia Rosa Primož Roglič (Bora-Hansgrohe) wahrscheinlich den Giro d’Italia überspringt, um sich auf die Tour de France zu konzentrieren, ist nun Tadej Pogačar (VAE Team Emirates) der neue Favorit für das rosa Trikot? Pogačar wird versuchen, der erste Mann seit Marco Pantani im Jahr 1998 zu sein, der den schwer zu erreichenden Giro/Tour-Doppelsieg erzielt.

Es ist ein erstrebenswertes Ziel. In den letzten Jahrzehnten überschattete die Tour de France den Giro und La Vuelta in den Köpfen von Fans (zumindest außerhalb Italiens), Teams und Sponsoren. Die Fahrer, einschließlich der Titelverteidiger, überspringen den Giro viel zu oft, um in Paris um ein gelbes Trikot zu kämpfen.

Aber der Giro sollte nicht übersehen werden. Während der drei Wochen im Mai durchqueren Rennsport-Wettbewerber atemberaubende Landschaften, während die Fans, die sich an jeder Etappe sammeln, ihre Favoriten zu höheren Höhen und schnelleren Geschwindigkeiten anfeuern. Und die Rennfahrer – vielleicht, weil sie diese Leidenschaft und die lebendige Radsportgeschichte um sie herum spüren – treiben sich zu fast übermenschlichen Leistungen an. Es ist auf jeden Fall ein Rennen, das unsere Aufmerksamkeit und unseren Respekt verdient.

• Gesamtstrecke: 3.321,2 km
• Gesamtstrecke Anstieg: 42.900 m
• 3 Gebirgszüge (Alpen, Apennin und Dolomiten)
• 6 Bergankünfte
• 8 Sprintankünfte
• 2 Zeitfahren

Seit der Eröffnung des Giro im Jahr 1909 haben sich einige der unvergesslichsten Momente des Radsports auf den Straßen Italiens ereignet. Fausto „Il Campionissimo“ Coppi vernichtete das Feld über fünf Gebirgspässe hinweg auf dem Weg zu seinem Giro-Sieg von 1949. Eddy Merckx holte sich 1968 den Sieg auf dem Tre Cime di Lavaredo. (Er gewann nicht nur seine erste Grand Tour in diesem Jahr, sondern auch die Trikots in Rosa, Blau und Lila – mit einer absolut dominierenden Performance.) Andy Hampsten eroberte den Passo di Gavia während eines echten Schneesturms auf dem Weg zu seinem Maglia Rosa Sieg 1988.

An welche Momente des Giro 2024 werden wir uns noch in Jahrzehnten erinnern? Wir werden es schon bald erfahren. 

Der Giro d'Italia 2024 beginnt am Samstag, den 4. Mai, in Turin. Die 107. Edition des Rennens endet am Sonntag, den 26. Mai, in Rom mit einer Rundetappe um das Kolosseum.

Welche Rosa-Trikot-Anwärter werden am 4. Mai an die Startlinie gehen? Neben Pogačar wird Nairo Quintana (Movistar), der vor zehn Jahren den Giro gewann und 2017 Zweiter wurde, in Turin am Start sein. Der Giro-Champion 2022 Jai Hindley (Bora-Hansgrohe) und der Sieger 2020 Tao Geoghegan Hart (Lidl-Trek) könnten ebenfalls zurückkehren. Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) hat in Italien noch eine Rechnung offen, nachdem ihm im vergangenen Jahr in der vorletzten Etappe das rosa Trikot vor der Nase weggeschnappt wurde. Sepp Kupp (Jumbo-Visma), frisch von seinem La Vuelta-Sieg im letzten September zurück, könnte potenziell um den zweiten Grand-Tour-Sieg in Folge kämpfen, aber Jumbo-Visma dürfte es wohl vorziehen, dass der junge Amerikaner den TdF-Champion Jonas Vinegaard bei der Titelverteidigung in den Bergen unterstützt.

Kann sich das heimische Talent Giulio Ciccone (Lidl-Trek) im Wettkampf um den Gesamtsieg 2024 behaupten und damit der erste Italiener seit Vincenzo Nibali im Jahr 2016 sein, der sein Heimrennen gewinnt?

In diesem Jahr hat der Giro mehrere Etappen, die speziell für die Sprinter entwickelt wurden. Kaden Groves (Alpecin-Deceuninck) gewann Etappe 5 des Giro des letzten Jahres und ist wahrscheinlich wieder dabei. Groves’ Teamkollege Jasper Philipsen könnte auch um das prestigeträchtige lila Punkte-Trikot kämpfen, wird aber in diesem Juli wahrscheinlich seine Beine schonen, um in Frankreich schnelle Finishes hinzulegen.

Die Giro d’Italia 2024 Route besteht aus 21 Etappen (und zwei wohlverdienten Ruhetagen) über die Hügel, Ebenen und Berge Italiens in einem dreiwöchigen Rennen. Obwohl es schon früh im Giro viele spannende Rennen geben wird, ist es wahrscheinlich die 15. Etappe, in der die GC-Anwärter ernsthaft mit dem Kampf beginnen, da sie hier in die hohen Berge fahren und einige der schwierigsten Grand Tour Etappen-Reihen dieses Jahres meistern müssen. Hier erfährst du mehr über die legendären Anstiege des Giro d'Italia.

Am Ende der drei Wochen werden wir schließlich die Gewinner mit den preisgekrönten Giro d’Italia Trikots auszeichnen – rosa für den Gesamtsieger, blau für den Bergklassesieger, lila für den Punktesieger und weiß für den besten Fahrer im Alter von bis zu 25 Jahren.

San Francesco Al Campo – Oropa, 150 km, Gebirge (Bergankunft).

Das Peloton muss fast sofort in Topform sein, da die erste Bergankunft des Rennens bereits auf Etappe 2 wartet. Die ersten 80 km des Rennens sind größtenteils flach, dann steigt die Strecke an zum Santuario di Oropa-Finish. Obwohl die durchschnittliche Steigung der fast 12 km nur etwas mehr als 6 Prozent beträgt, kann sie auf manchen Abschnitten bis zu 13 Prozent betragen – vielleicht die ideale Stelle für Angriffe.

• Oasi Zegna, Kategorie 3
• Nelva, Kategorie 3
• Santuario di Oropa, Kategorie 1, 11,8 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 6,2 %

Viareggio – Rapolano Terme, 177 km.

Das Peloton muss auf dieser Etappe mit etwa 12 km Schotterstraßen kämpfen, darunter einen fast 5 km langen Anstieg auf den Kategorie 4 Grotti. Die Veteranen des Strada Bianche Klassikers werden diese Straßen wahrscheinlich gut kennen, sodass Fahrer wie die ehemaligen Strada Bianche Gewinner Mathieu Van Der Poel (Alpecin-Deceuninck) oder Wout van Aert (Visma-Lease A Bike) gute Chancen haben, heute den Sieg zu holen. Pogačar hat dieses Rennen auch schon gewonnen, aber es bleibt abzuwarten, wie aggressiv das VAE Team Emirates Team so früh im Giro sein will.

• La Bertesca, Kategorie 4
• Grotti, Kategorie 4

Manerba del Garda – Livigno, 220 km.

Die längste Etappe des Rennens, und eine der härtesten für Wettbewerber und spannendsten für Zuschauer. Die Auffahrt auf den Kategorie 2 Colle San Zeno könnte eine Feuerprobe für die Action sein, die im späteren Verlauf der Etappe wartet. Nach der Abfahrt des Kategorie 3 Aprica fahren die Rennfahrer steile 15 km bergauf, bevor sie eine 5 km lange Erholungspause einlegen. Dann wird der 18 km lange Forcola Di Livigno Aufstieg so richtig ernst. Nach einer 12 km langen Abfahrt wird der Tagessieger durch den 8 km langen Anstieg auf den Mottolino-Abhang, auf dem die Steigung teilweise bei 18 Prozent liegt, bis zum Ziel bestimmt. Man kann davon ausgehen, dass die GC-Wettbewerber hier um die Führungsposition kämpfen werden.

• Lodrino, Kategorie 3
• Colle San Zeno, Kategorie 2, 13,9 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 6,6 %
• Aprica, Kategorie 3
• Forcola Di Livigno, Kategorie 1, 18 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 7,1 %
• Livigno (Mottolino), Kategorie 1, 8,1 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 6,6 %

Selva di Gardena in Gröden – Passo del Brocon, 154 km.

Die heutige Etappe beginnt rasant, mit einer fast 9 km langen Runde auf dem Passeo Sella, und die Action endet erst 159 km später mit der Passo del Brocon-Bergankunft. Während dieser brutalen Etappe überqueren die Fahrer den Brocon-Pass sogar zweimal.

• Passo Sella, Kategorie 2, 8,9 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 7,4 %
• Passo Rolle, Kategorie 1, 19,8 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 4,8 %
• Passo Gobbera, Kategorie 3
• Passo Brocon, Kategorie 2, 13,3 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 6,5 %
• Passo Del Brocon, Kategorie 1, 12,2 km lang mit einer durchschnittlichen Steigung von 6,4 %

Der Giro d’Italia 2024 verspricht einen rasanten Wettbewerb mit weniger Anstiegsmetern als in jüngster Vergangenheit üblich und mehr Zeitfahrmeilen als bei den anderen beiden Grand Tours. Dies sollte zu ausgewogeneren Rennen und möglicherweise auch zu einem unerwarteten Champion führen. Ob die Strecke auch andere große TdF-Wettkämpfer als Pogačar dazu ermutigt, den berühmten Doppelsieg des Giro/Tour anzustreben, bleibt abzuwarten.

Quintana, wieder vereint mit Movistar, kehrt als Giro-Führer seines Teams nach Italien zurück. Wird er ein Jahrzehnt nach seinem bisher einzigen Giro-Sieg die Vergangenheit wiederholen und erneut rosa tragen? Zumindest sollte er um einen Etappensieg in den Bergen kämpfen.

Alpecin-Deceuninck hat noch nicht sein komplettes Team für den Giro bekannt gegeben. Sprinter Kaden Groves gewann im letzten Jahr eine Etappe beim Giro (sowie die drei Etappen und die Punktewertung bei La Vuelta España 2024). Wenn er in guter Form ist, ist er wahrscheinlich wieder am Start. Der aktuelle Weltmeister Mathieu Van Der Poel will die Frühlingsklassiker auch in diesem Jahr wieder dominieren. Es ist nicht bekannt, ob er in diesem Jahr am Giro teilnehmen oder sich für die Tour und die Olympischen Spiele in Paris ausruhen wird. Im kommenden Giro d’Italia 2024 verlassen sich sowohl Alpecin Deceuninck als auch Movistar auf Canyons Top-Rennräder, nämlich das Canyon Aeroad und Speedmax, um ihre Fahrer zum Sieg zu führen.

Es gibt keinen besseren Weg, den Giro zu erleben, als live am Rennen teilzunehmen. Aber für diejenigen unter uns, die es sich nicht leisten können, drei Wochen für Fahrradrennen und Pasta freizunehmen, wird der Giro d’Italia von den folgenden TV-Sendern entweder in Form von täglichen Highlights oder als Komplett-Berichterstattung übertragen.

• Eurosport (Europa)
• beIN Sport (USA)
• SBS (Australien)