15 Jahre Aeroad
Zum Launch des neuen Aeroad schauen wir auf die letzten 15 Jahre und die erstaunliche Geschichte eines Bikes zurück, das den Sport nachhaltig verändert hat.
Von den ersten Entwürfen auf Papierservietten und der schwierigen Überzeugungsarbeit bei den Profis bis zu historischen Siegen bei den wichtigsten Rennen der Welt und einem Paradigmenwechsel im Radsport: Dies ist die Geschichte des Aeroad.
Erzählt von:
Sebastian Jadczak Global Director R&D ‐ Road
Michael Rich Consultant R&D - Road
Andreas Walzer Global Director - Pro Sports
Die ersten Schritte (2009) – Geschwindigkeit liegt in der Luft
Es ist Sommer 2009. Omega Pharma-Lotto fährt zum ersten Mal Canyon Bikes auf der Tour de France. Canyon-Gründer Roman Arnold schaut zu, ist aber nicht ganz zufrieden.
Sebastian Jadczak: Cadel Evans fuhr für Omega Pharma-Lotto, und Roman hatte gehört, dass es eine Etappe gab, die er gewonnen hätte, anstatt nur die Top 10 zu erreichen, wenn er auf einem Aero-Rennrad gefahren wäre.
Michael Rich: Wir hatten ein Kickoff-Meeting und Roman kam in den Raum und sagte: „Wir müssen ein Aero-Bike bauen!“
Sebastian: Damals gab es nur eine Handvoll Aero-Rennräder auf dem Markt. Und das war unsere Herausforderung: ein Aero-Bike für unser Profi-Team herzustellen.
Michael: Mit den begrenzten Ressourcen, die uns zur Verfügung standen, war es ein Kampf gegen die Uhr, um das Bike fertigzustellen. Wir haben sogar erste Designs auf Papierservietten in einer Hotellobby skizziert! Wir haben jedoch sehr schnell das klare Potenzial erkannt, unseren Athleten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Erste Generation (2010) – Schnell und voller Potenzial
Es ist ein Wettkampf gegen die Zeit, Canyons erstes Aero-Rennrad zu bauen. Dieses „Aeroad“, wie es genannt wird, ist nicht perfekt, aber es bringt Philippe Gilbert in seiner ersten Saison auf neue Höhen.
Michael: Das Bike war leider nicht rechtzeitig für die Tour 2010 fertig. Kurz danach habe ich das erste fahrtaugliche Exemplar an Philippe Gilbert geliefert, damit er es ausprobieren konnte. Ich habe ihm gesagt: Du kannst darauf trainieren, aber was auch immer du tust, bitte fahr es nicht bei Rennen, weil es noch nicht von der UCI zugelassen ist. Am nächsten Wochenende habe ich San Sebastian im Fernsehen geschaut, und da fuhr er auf dem neuen Bike!
Sebastian: Es war wahrscheinlich das komfortabelste Aero-Bike seiner Zeit, da die Sattelstütze nicht so tief war und wir Basaltfasern verwendet haben. Die größte Herausforderung für uns war, dass es einfach nicht ganz steif genug war, um darauf zu sprinten.
Andreas Walzer: Ja, die erste Generation des Aeroad konzentrierte sich nur auf Aerodynamik und nichts anderes. Damals dachten wir, ach, Gewicht ist nicht so wichtig, Steifigkeit ist nicht so wichtig. Das Bike war vor allem eines: superschnell. Und es war so schön – es sah aus wie ein Kunstwerk.
Michael: Philippe Gilbert liebte es. Er spielte immer daran herum, änderte sein Setup und fuhr die ganze Saison damit. Ende 2010 war er bei diesen italienischen Herbstklassikern großartig und gewann in der Lombardei. Und dann hat er 2011 in den Ardennen abgeräumt, die erste Tour-Etappe gewonnen, San Sebastian, Quebec ... Es war seine erfolgreichste Saison aller Zeiten!
Michael: Dann sind wir als Sponsor bei Katusha eingestiegen, und Joaquim „Purito“ Rodríguez hatte die Eigenheit, dass er nur maßgefertigte Bikes fuhr, die ein Freund von ihm baute und die dann umlackiert wurden. Er sagte zu mir, „Ich fahre diese Canyon Bikes nicht.“ Ich sagte, das geht nicht, Canyon sponsert das Team. Du bist jetzt sechs Mal hinter Philippe Gilbert auf diesem Bike auf dem zweiten Platz gelandet ... gib ihm doch mal eine Chance!?
Zweite Generation (2014) – Das Gamechanger-Bike
Nach drei erfolgreichen Jahren bei Omega-Pharma Lotto wird Canyon Sponsor für Katusha und später für Movistar und Canyon//SRAM. Die Messlatte wird wieder einmal höher gelegt.
Sebastian: Für die zweite Generation habe ich als Ziel für unser Team festgelegt, dass wir ein Aero-Bike herstellen, das die Benchmark in Sachen Aerodynamik (da man nur dann einen Vorteil gegenüber allen anderen hat), komfortabel genug für die Klassiker und steif genug für die Sprinter ist. Wir dachten uns, wenn wir so ein Bike bauen können, werden alle Fahrer es verwenden, und es wird ein Gamechanger im Straßenrennsport. Und wir haben es geschafft.
Michael: Dieses Aeroad der zweiten Generation war das erste Modell mit der richtigen wissenschaftlich fundierten Aerodynamik. Das erste, bei dem wir ausreichend Zeit für Windkanaltests hatten. Es verfügte auch über ein Monocoque-Cockpit, anstatt einfach Lenker von Ritchey zu verwenden.
Sebastian: Nach all den Windkanaltests, die wir durchgeführt hatten, war uns klar, dass ein Aero-Rennrad in jeder einzelnen Situation eines Rennens einen großen Vorteil gegenüber einem herkömmlichen Rad darstellt. Es gab einige World Tour Teams, denen gar keine Aero-Bikes zur Verfügung standen, also mussten wir unsere Teams und Profis nur überzeugen, immer das Aeroad zu fahren.
Andreas: Wir wollten, dass Katusha das Bike für die Tour 2014 hat, und es war gerade noch rechtzeitig bereit. Ich bin von Deutschland nach Barcelona gefahren, um es „Purito“ Rodríguez zu bringen. Ich habe das Bike vor seinen Augen zusammengebaut und er ging mit einem Freund eine Runde fahren. Ein paar Stunden später kam er unglaublich begeistert zurück. Sein Freund war 20 kg schwerer als er, und es war das erste Mal, dass Purito mit ihm auf den Abfahrten mithalten konnte. Das bedeutete für ihn, dass das Bike schnell war! Wir sind sehr glücklich nach Hause gefahren.
Sebastian: Es war fantastisch. In der ersten Saison gewann Katusha Rennen mit mehr als zehn verschiedenen Fahrern.
Andreas: Als Alexander Kristoff dieses Bike nutzte, begann er sofort, Etappen bei der Tour de France zu gewinnen. Es war wirklich auffällig, dass er mit dem Aeroad eine Stufe schneller zu sein schien. Als er dann 2015 die Flandern-Rundfahrt gewann, war es das erste Mal, dass ein Aero-Rennrad ein Kopfsteinpflaster-Monument gewonnen hatte.
Michael: Der Hauptunterschied zur ersten Generation war, wie viel steifer das Bike war. Ich glaube, es war das erste Bike, mit dem Canyon der Welt gezeigt hat, wozu wir in der Lage sind. Der größte Moment? Ganz klar Mathieu van der Poels kometenartiger Erfolg auf einem Aeroad beim Amstel Gold Race 2019. Das ist Radsportgeschichte.
Dritte Generation (2020) – MVDPs geölter Blitz
Ein bahnbrechendes Bike und der Aufstieg von Alpecin-Deceuninck und MVDP. Auch mit Annemiek van Vleuten an Bord war das Aeroad der dritten Generation ein Rezept für Rennsiege.
Sebastian: Für die dritte Generation des Aeroad haben wir uns mit SwissSide zusammengetan, einem Beratungs- und Forschungsunternehmen für Aerodynamik. Gemeinsam haben wir die Aerodynamik des Bikes auf ein neues Level gebracht. Außerdem haben wir viel mehr mit unseren Profi-Teams gesprochen, um kontinuierliches Feedback zur Verbesserung des Bikes von den besten Fahrern der Welt zu bekommen.
Andreas: Dieses Bike war der Inbegriff von Leichtigkeit, Komfort, Geometrie und Aerodynamik. Es ist ganz einfach: Wenn man Anforderungen der WorldTour gerecht werden will, musst ein Bike schnell, steif, leicht, aerodynamisch und mit einer guten Geometrie ausgestattet sein. Und diese dritte Generation war ein Volltreffer.
Michael: Wir waren wirklich ehrgeizig in Sachen Innovation für die dritte Generation, aber mit Innovation sind Herausforderungen verbunden. Das Aeroad der dritten Generation war da keine Ausnahme. Diese dritte Generation war aber unglaublichen erfolgreich: Annemiek van Vleuten gewann die Tour de France Femmes – das Bike ist ihr richtig ans Herz gewachsen, es war großartig. Jasper Philipsen gewann seine vier Etappen und das grüne Trikot bei der Tour letztes Jahr, und dann MVDPs Sieg bei den Weltmeisterschaften in Glasgow – einfach fantastisch. Selbst nach einem Sturz ließ ihn das Bike nicht im Stich.
Andreas: Es ist für uns so wichtig und hilfreich, Erfahrungen und Feedback zu unseren Bikes von den Teams und Fahrern zu erhalten. Im Profisport wird das Material auf die ultimative Probe gestellt, und das hilft uns, unsere Bikes weiter zu verbessern. Mit dem Aeroad haben wir jetzt schon zweimal den Doppelsieg bei Paris-Roubaix geholt. Es war großartige Teamarbeit bei Canyon, das Aeroad zu einem der erfolgreichsten Bikes aller Zeiten zu machen.
Michael: Mathieu liebt sein Canyon Aeroad – er fährt es seit 2018. Diese Kombination aus Aerodynamik, Handling und Reaktionsfreudigkeit ist perfekt für seinen Fahrstil. Außerdem erleichtert es ihm seine tiefe Aero-Position, die bei Rennen heutzutage enorm wichtig ist. Mathieu und das Aeroad – eine fantastische Partnerschaft, die noch viele Jahre anhält.
Das brandneue Aeroad
Das Canyon Aeroad der vierten Generation ist jetzt bereit, eine neue Ära der Geschwindigkeit zu definieren. Es ist nicht nur robuster, intelligenter und anpassungsfähiger als je zuvor, sondern hat sich im Windkanal gegenüber der Konkurrenz durchgesetzt und im realen Rennsport bewährt. Es ist das schnellste Bike der WorldTour.
Hat dieser Artikel geholfen?
Danke für dein Feedback