Das Rad neu erfinden: Unser Designteam im Gespräch

Als Roman Arnold im Jahr 2002 Canyon Bicycles ins Leben rief, hatte er einen ehrgeizigen Traum: Bikes zu schaffen, die den Titel "beste Fahrräder der Welt" verdienen. Jedes Canyon-Fahrrad überzeugt mit seiner Schlichtheit und Klarheit. Gleichzeitig vermitteln Design und Formgebung hohe Präzision und Dynamik, die den unerschütterlichen Siegeswillen ihres Visionärs widerspiegeln.

Das Streben nach Perfektion macht nicht bei Canyons Sporträdern Halt. Im urbanen Bereich ist das Fahrrad längst über seine Rolle als reines Fortbewegungsmittel hinausgewachsen. Es ist Symbol eines Lebensstils, Ausdruck von Individualität und moderner, nachhaltiger Mobilität. Das Canyon Roadlite:ON CF 9 LTD spricht genau diese Sprache und brachte dem Canyon Designteam erneut einen begehrten Red Dot Award in der Kategorie Best of the Best 2023 ein.

Das ultraleichte, sportliche E-Bike hinterfragt Konventionen im Stadtverkehr. Ein subtil integrierter E-Antrieb und smarte Features setzen ein markantes Zeichen für die Zukunft urbaner Mobilität. Dies spiegelt sich auch im Erscheinungsbild wider. „Leichtigkeit, Freiheit und sportlicher Minimalismus. Dies waren für uns von Beginn die Leitideen für die Formgebung und grafische Gestaltung dieses Bikes“, erklärt Dennis Fiedler, Canyon Grafikdesigner für City & Trekking Bikes.

Auf was es außerdem im Entwicklungsprozess für City Fahrräder wie dem Roadlite:ON CF 9 LTD ankommt, beleuchtet Alexander Forst, Canyons Design Consultant im Bereich City & Trekking Bikes, im deutschsprachigen Design Podcast „Chapter“.

Das Fahrrad ist zwar viel älter als das Automobil, der klassische Gedanke des Industriedesigns ist aber vergleichsweise spät in der Branche angekommen. „Fahrraddesign ist eine noch relativ junge Disziplin, in der das Potential für Innovation noch lange nicht ausgeschöpft ist,“ erklärt Lars Wagner, Canyons Lead Industrial Designer Road Bikes.

Betrachtet man nun den Fakt, dass manche für ein Fahrrad teilweise ähnlich viel ausgeben, wie für ein günstiges Auto, liegt es auf der Hand, dass auch hier höchstes Augenmerk auf Design und Ästhetik gelegt wird.

„Dabei muss gutes Design für den Nutzer einen Mehrwert bieten“, erklärt Canyons Lead Industrial Designer MTB, Peter Kettenring. „Ästhetik und Äußerlichkeiten zählen natürlich dazu - aber es geht hauptsächlich um die Funktion. Unser oberstes Ziel ist es, durch herausragendes Design das wirklich bessere Produkt zu entwickeln."

Nach dem Prinzip „form follows function“ (dt.: Die Form folgt der Funktion) gehen im Entwicklungsprozess Design und Engineering von Anfang Hand in Hand. „Wir starten zeitgleich im Kernteam zusammen mit Ingenieur und Produktmanager und entwickeln ein Bike, das auch ästhetisch keine Wünsche offenlässt“, so Kettenring.

„Bereits zu Beginn stellen wir uns die Frage, was das Bike aussagen soll“, erklärt Kettenring. „Das neue Stitched von Fabio Wibmer soll als fertiges Bike zum Beispiel ganz andere ästhetische Werte ausstrahlen als ein Rad für den urbanen Einsatz.“

Von der Idee bis zum verkaufsfertigen Fahrrad vergehen dabei im Schnitt zwei Jahre. Die Arbeit beginnt mit einer Vision im Kopf und einem Stift in der Hand. Die grobe Skizze auf Papier wird im CAD-System in die digitale Welt übertragen und zum Leben erweckt.

"Daraus entstehen Maßstabsmodelle aus dem 3D-Drucker. In unserer Technikwerkstatt setzen wir die Puzzleteile dann zusammen. Wir arbeiten mit einer Vielzahl an Komponenten, die perfekt aufeinander abgestimmt sein müssen. Als Designer gestalten wir die äußere Form und der Ingenieur sorgt für die perfekte Integrierung mit den anderen Anbauteilen,“ erklärt Lars Wagner voller Begeisterung.

"Das Thema ‚Artwork‘ ist und bleibt unverzichtbar, denn Schrift, Grafiken und Farben bilden eine enge Verbindung mit der Formgebung“, fügt Peter Kettenring hinzu. „Wir greifen die Linienführung und Kanten des Rahmens auf und verstärken sie durch unser Artwork. Wir schmücken dabei nicht auf, sondern betonen das Wesentliche.“

Canyons Designsprache zeichnet eine Kombination aus Funktionalität, Ästhetik und aerodynamischen Formen aus. Hauptaugenmerk liegen auf sauberer Linienführung, einem modernen Erscheinungsbild und durchdachter Integration und Ergonomie. Innovative Technologien und Materialien sorgen für optimale Leistung und Gewicht.

„Je nach Fahrradtyp geht es um unterschiedliche Anforderungen mit Blick auf Aerodynamik, Gewicht, Steifigkeit und Komfort“, erklärt Peter Kettenring. „Gleichzeitig gelingt es Canyon wie kaum einem anderen Hersteller, die unterschiedlichen Fahrräder unter einer Design- und Markensprache zu verbinden. Jede Linie, jedes Detail, jede Form soll Einfachheit und Präzision vermitteln.“

Das Streben nach Einfachheit ist Herausforderung und Schwierigkeit zugleich. So soll nicht nur Design reduziert werden, sondern zeitgleich eine funktionale Verbesserung geschaffen werden. Während es früher hauptsächlich um den Rahmen ging, geht heute der Trend zur Systemintegration.

„Am Ende wollen wir einen durchgestalteten und klar ausgerichteten Gesamteindruck erreichen. Dazu ist es uns wichtig, möglichst viele Bauteile des späteren Bikes von vornherein selbst zu gestalten, wie Gabel, Vorbau, Lenker, Sattelstütze und Anbautaschen,“ so Peter Kettenring.

Zusätzlich soll das reduzierte Design einen optischen Schwerpunkt auf die USPs legen. Technische Innovationen wie integrierte Sattelstützen oder die Shapeshift Funktion am Canyon Strive sollen dezent, aber sichtbar bleiben.

Welche Trends wird die weitere Zukunft für Canyon bereithalten? „Natürlich gibt es auch im Raddesign Trends“, erklärt Peter Kettenring, „allerdings haben wir bei Canyon eine solch starke Markenidentität geschaffen, dass wir uns eher in dieser Welt weiterentwickeln und nicht allgemeinen Trends folgen.“

Vielmehr wird Canyon weiterhin mit herausragenden Entwicklungen wie der Shapeshifter-Funktion am Canyon Strive oder der neuen K.I.S Lenkstabilisation Maßstäbe setzen in Sachen Fahrraddesign und Performance.

„Canyons Forschungs- und Engineering-Prozess hat eine Vorlaufzeit von 4 bis 5 Jahren. Welche unserer aktuellen Projekte am Ende als Produkt auf den Markt kommen, wird die Zukunft zeigen. Verraten können wir zumindest, dass es im Bereich E-MTB und Nachhaltigkeit viel Bewegung gibt,“ verrät Kettenring dazu.

Mit dem „Circular Bike“ präsentierte das Entwicklerteam Ende letzten Jahres erstmals ihr Projekt zur Kreislaufwirtschaft im Fahrradbau. Ziel ist die komplette Wiederverwertbarkeit der verwendeten Materialien. Neue Materialien und die Herstellung als 3D-Druck werden in Zukunft die Grenzen des Rahmendesigns sprengen und ganz neue Möglichkeiten schaffen. Die frisch verkündete Partnerschaft mit IperionX für eine nachhaltige Titan-Lieferkette setzt einen weiteren Schritt in diese Richtung. Es bleibt also spannend!